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> Warum einen heilkundigen Charakter spielen?
Der Bibliothekar
Geschrieben am: Jan 27 2007, 12:25 AM
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Titel: Warum einen heilkundigen Charakter spielen?
Autor: Oliver Richter
Datum: 23.12.2006
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Einen Heiler zu spielen macht sehr viel Spaß und bietet auch nach längerer Zeit immer neue Herausforderungen und Facetten. Heilkundige Charaktere besitzen grundsätzlich ein recht hohes „soziales Potential“, also eine ganze Reihe von Aspekten, die das Zusammenspiel mit anderen Charakteren fördern. Dies ist nur ein Grund, weshalb man Heiler als sehr geeignete Charakterwahl für Einsteiger bezeichnen kann. Ein weiterer ist, dass es mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand möglich ist, einen Heiler auszustatten, so dass er auf ein Con fahren und Spaß haben kann. Nach oben hin gibt es allerdings sehr viele Möglichkeiten, den Charakter weiter auszustatten, wo wir wieder bei der schon angesprochenen Langzeitmotivation wären.
Im Folgenden sollen einige zentrale Punkte näher beleuchtet werden:



Das soziale Potential:
Der Begriff „soziales Potential“ soll ausdrücken, wie einfach oder schwer es für einen Spieler und/oder Charakter ist, in das Spiel einzutauchen, Kontakte zu knüpfen und Anschluss zu finden. Bei Heilern ist dieses soziale Potential in der Regel sehr hoch.
Heiler erfüllen eine wichtige Funktion auf den meisten Cons, besonders natürlich auf denen, wo es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt. Interaktion mit anderen Spielern kommt in diesem Falle meist spätestens dann zustande, wenn ein verwundeter Kämpfer laut nach einem Heiler ruft, im Vorfeld dazu bieten sich aber meist schon eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um ins Spiel einzusteigen. Da sich die meisten Kämpfer durchaus im Klaren darüber sind, dass sie im Falle eines Falles auf die Dienste eines Heilers angewiesen sind, sind die meisten gerne bereit, einen Heiler aufzunehmen und zu beschützen. Dieses „angewiesen sein auf kämpfende Charaktere“ wird manchmal als Nachteil von Heilern angesehen (siehe dazu weiter unten), ist aber in den meisten Fällen eher förderlich für den Spielspass – Teamwork.
Aber nicht nur für das Zusammenspiel von Kämpfern und Heilern gibt es viele Möglichkeiten, je nach dem genaueren Charakterkonzept bieten sich dem Heiler eine Menge Ansätze. Die meisten heilkundigen Charaktere werden versuchen, ihre Fähigkeiten zu verbessern und neue Techniken zu lernen. Dieser „Forscherdrang“ bieten einen sehr guten Vorwand für die Interaktion mit so ziemlich jedem Charakter mit wissenschaftlichem/intellektuellem Hintergrund vom einfachen Schreiber bis hin zum Erzmagier. Vor dem Hintergrund, dass ein Heiler bei der Ausübung seines Handwerks eine ganze Reihe an Dingen „verbraucht“ (Heiltränke, Salben, Verbände, usw.) steht auch dem Besuch bei der Kräuterfrau, dem Alchemisten oder sonstigen Händlern nichts im Wege. Und damit wären nur die grundlegenden Möglichkeiten für Interaktion angesprochen, der Kreativität sind hier wenig Grenzen gesetzt.
Ein weiterer wichtiger Punkt des sozialen Aspekts beim Heilerspiel ist die direkte Auseinandersetzung mit anderen Spielern bei der Behandlung. Grade solche Situationen können sehr schönes und intensives Spiel ergeben, wenn sich beide Spieler darauf einlassen (eine etwas negativere Sichtweise auf diesen Punkt gibt es weiter unten).



Kostenaspekte / Einsteigerfreundlichkeit:
Eines gleich vorweg: Wenn man möchte, kann man in einen Heiler genau so viel Geld investieren, wie es manche Spieler für eine Plattenrüstung ausgeben. Dies ist aber kein negativer punkt, sondern zeigt vielmehr, wie „offen“ Heiler auch über einen sehr langen Spielzeitraum sind. Generell lässt sich aber sagen, dass es mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand durchaus möglich ist, einen Heiler so auszurüsten, dass man damit aktiv an einem Con teilnehmen kann. Eine einfache Hose, eine Tunika, ein Gürtel, ne Tasche, ein Wasserschlauch, ein paar kleine Trankfläschchen, ein paar Verbände, Kunstblut und ein paar Kleinigkeiten, die die meisten Leute sowieso im Haushalt haben – damit kann man sich meist problemlos auf seine ersten Cons wagen und seine Fähigkeiten aktiv einsetzen.
Im Allgemeinen (natürlich gibt es wie überall Ausnahmen) benötigen heilkundige Charaktere eher viele Ausrüstungsgegenstände mit geringerem Stückpreis, während Kämpfer oft eher weniger Ausrüstung brauchen, die dann aber meist teurer ist. Dieser Umstand ermöglicht es dem Spieler eines Heilers, seinen Charakter in kurzen Abständen immer ein Stückchen mehr auszurüsten und damit oft auch neue Darstellungsmöglichkeiten zu erschließen, was sich positiv auf die Motivation des Spielers auswirken kann.
Nicht verschwiegen werden soll allerdings die Tatsache, dass man als Heiler oft ein paar „Betriebskosten“ mit einrechnen darf, wie z.B. neue Verbände, Kunstblut, usw. Mehr zu diesem Aspekt aber weiter unten bei den „Nachteilen“ des Heilerdaseins.



Facettenreichtum und Flexibilität:
So wie es eine ganze Reihe von verschiedenen Kämpfern gibt, bieten sich dem Spieler eines heilkundigen Charakters eine Vielzahl von Möglichkeiten. Die wohl schwerwiegendste Auswahl betrifft die Art, auf die geheilt wird. Dies kann z.B. auf magische Weise geschehen, durch die Anrufung einer Gottheit (klerikal / „Priestermagie“) oder mundan, also auf „handwerklichem“ Wege. Egal für welche dieser Grundrichtungen man sich auch entscheidet, jede davon bietet eine fast unendliche Auswahl an Darstellungsmöglichkeiten, sei es die Wahl eines geeigneten Rituals, dem Anhängen einer ganz bestimmten medizinischen Tradition, usw. Diese Aspekte bilden mit das Fundament eines Heilers und besitzen außerdem auch ein gewisses Konfliktpotential – im positiven Sinne, denn dies ermöglicht z.B. einzelnen Heilern ihre Ansichten untereinander zu diskutieren, sich gegenseitig etwas beizubringen oder auch sich (IT natürlich) anzufeinden, was alles zu schönem Spiel führen kann.
Facettenreich wird das Spiel als Heiler auch dadurch, dass es eine ganze Reihe von „Berufen“ bzw. Fähigkeiten gibt, die sich logisch mit der strickten Behandlung der Patienten verbinden lassen. So macht es durchaus Sinn, einen Heiler Grundlagen der Alchemie lernen zu lassen, da er diese zur Herstellung von schmerzlindernden Mitteln benötigt. Fähigkeiten wie „Kräuterkunde“ sind ebenfalls in den meisten Fällen sehr plausibel. Da viele (aber längst nicht alle) Heiler einen zumindest teilweise wissenschaftlichen/intellektuellen Hintergrund besitzen, ist es auch denkbar, seinen Charakter mit Grundlagen in Dingen wie Lesen, Schreiben, Rechnen, Philosophie, Astrologie und ähnlichen Dingen (z.B. angelehnt an die mittelalterlichen „Freien Künste“) vertraut zu machen. Auf diese Weise kann man seinem Charakter mehr Tiefgang geben, auch wenn man wohl eher selten die Gelegenheit bekommt, diese Aspekte voll auszuspielen.
Unter Umständen ist es auch plausibel, einen Heiler zu spielen, der über Kenntnisse im Umgang mit Waffen verfügt. Zu diesem Thema empfehle ich die Lektüre des Artikels „Vom Frontheiler“.



„Nachteile“:
Diese Überschrift ist ganz bewusst in Anführungsstriche gesetzt, denn nicht weniger der im Folgenden aufgeführten Aspekte sind nur auf den ersten Blick echte Nachteile. Generell sind dies aber alles Punkte, die für die Wahl eines Charakterkonzepts relevant sein könnten und deshalb nicht ignoriert werden sollten.
Außerdem soll deutlich darauf hingewiesen werden, dass negative Punkte, die sich auf die Interaktion mit anderen Spielern beziehen (insbesondere Punkte 1 und 2) nicht generalisiert werden dürfen; sie stellen lediglich ein „worst case“-Szenario dar, mit dem ein Heiler rechnen muss, aber wohl nur sehr selten in der vollen Bandbreite erleben wird!

„Wir sind keine Helden“ und „Keiner weis unsere Arbeit zu würdigen“:
Wenn man einen Heiler spielen möchte, sollte man sich im Klaren darüber sein, dass es eher selten vorkommt, dass man eher selten in die Situation kommt, in der man unmittelbaren Einfluss auf das „Big Picture“ hat. Die Augen der Welt sind weitaus seltener auf einen gerichtet als z.B. auf den Paladin, der sich in die feindliche Schlachtreihe wirft. Es gibt eine Reihe von Spielern, die deshalb der Meinung sind, die Rolle als Heiler böte ihnen nicht das passende Umfeld, um sich darzustellen bzw. zu produzieren (und das ist hier NICHT negativ gemeint). Generell wäre es aber wohl besser zu sagen, dass sich der Rahmen, in dem man durch gutes Spiel glänzen kann kleiner gefasst ist, als es z.B. bei Kämpfern der Fall ist. Dies muss aber nicht unbedingt ein negativer Punkt sein. Zum einen bietet es natürlich für eher schüchterne Spieler eine kleine „Nische“, in der sie sich nicht wie das berühmte Reh im Scheinwerferlicht fühlen, andererseits bieten aber grade Situationen, in denen man mit einer begrenzten Zahl von Mitspielern interagiert oft viel bessere Möglichkeiten durch gelungene Darstellung einen Eindruck zu hinterlassen. Des Weiteren bekommt man in diesen Situationen ggf. direkteres Feedback der Mitspieler. Darum wäre es ggf. angebracht „Wir sind keine Helden“ zu ändern in „Wir sind Helden auf einer anderen Ebene“.
Was der Vorwurf einiger Heiler betrifft, kaum jemand würde ihre Arbeit zu würdigen wissen, muss man wohl realistischer Weise eingestehen, dass die Arbeit als Heiler von einer Reihe von Spielern kaum honoriert und der Besuch im Lazarett lediglich ein notwendiges Übel angesehen wird. Diese Spieler zeichnen sich im Algemeinen auch dadurch aus, dass sie auf Spielangebote bei der Behandlung ihrer Wunden kaum bis gar nicht eingehen und wenige Minuten später schon wieder in der ersten Schlachtreihe zu finden sind. Ob die Nichtwürdigung von guter Darstellung von solchen Leuten jetzt als schwerwiegend anzusehen ist, sei einmal dahingestellt.

Selbstverständlichkeit und Anonymität:
Dieser Punkt ist eng verwand (und überschneidet sich auch stellenweise) mit dem vorherigen. Immer mal wieder wird Kritik daran laut, dass die Dienste der Heiler nicht ausreichend gewürdigt werden würden – weil sie als selbstverständlich angesehen werden. Der Kämpfer kämpft, der Zauberer zaubert, der Heiler heilt. So laufe das eben, dem Kämpfer würde man nach der Schlacht ja auch nicht jedes Mal dankend auf die Schulter klopfen. Jeder erfüllt seine Rolle.
Als einer der entscheidenden Punkte für diese Selbstverständlichkeit (die übrigens in beide Richtung läuft!) muss wohl die Anonymität genannt werden, denn solche Äußerungen stammen auffällig häufig aus dem Kontext von Großveranstaltungen. Eine genauere (fundierte) Analyse kann an dieser Stelle dafür leider nicht gegeben werden. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Mitspieler fast immer sehr viel positiver reagieren und mehr interagieren, sobald man sie zwei-drei Mal versorgt hat. Für eine solche Situation stehen die Chancen auf kleineren Cons natürlich wesentlich besser als auf Großveranstaltungen.
(Anmerkung: Dieser Text stellt keine generelle Abwertung von Großveranstaltungen dar, sondern vergleicht lediglich Verhaltensmuster in unterschiedlicher Umgebung)

„Heiler sind schwach/schutzlos“:
Ein Punkt, den man meistens von LARP-Einsteigern zu hören bekommt. Meistens eingebettet in Sätze wie „ich würde ja gerne einen Heiler spielen, das macht bestimmt viel Spaß, aber ohne Rüstung und Waffen bin ich doch total schutzlos und ich habe keine Lust, meinen Charakter direkt nach dem ersten Kampf begraben zu müssen“. Diese Einschätzung ist auf den ersten Blick gar nicht mal so dumm. Viele Heiler laufen in der Tat fast oder komplett ungerüstet und ohne Waffen herum und böten damit ein leichtes Ziel für Feinde (Ausnahmen wie z.B. den schon erwähnten „Frontheiler“ oder auch Heilmagier, die den ein oder anderen Feuerball in Petto haben bestätigen auch hier die Regel). Dieses „Problem“ ergibt sich aber meistens dennoch nicht, da Heiler, wie schon oben beschrieben, prädestinierte Gruppencharaktere sind und sich oft auf den Schutz anderer Spieler verlassen können. Für einige Spieler bietet die Tatsache, dass man ein relativ leichtes Ziel sein könnte übrigens auch einen besonderen Reiz, ähnlich wie der Dieb, der den Nervenkitzel hat, erwischt zu werden.

„Betriebskosten“:
Einer der häufigsten Tipps, die man Spielern gibt, die das erste Mal als Heiler auf ein Con fahren, ist „Egal wie viele Verbände du mitnimmst, du wirst nicht genug haben“. Das ist zwar ein wenig sarkastisch, aber durchaus nicht all zu weit von der Realität entfernt. Besonders auf Großveranstaltungen und Schlachtencons mit „viel Arbeit“ verbraucht man eine Menge Verbände (von denen in der Regel nur sehr wenige wieder den Weg zum Heiler zurückfinden) und einiges an Kunstblut, Lebensmittelfarbe, Salbe, usw. Diese Dinge kosten alle nicht die Welt, können sich aber trotzdem summieren. Auch Narben und sonstige Makeup-Effekte können ins Geld gehen. Als Heiler sollte man also ein bisschen was an „Betriebskosten“ einrechnen. Das gleiche gilt allerdings für viele Charaktere und man sollte es eher als „Investition in Darstellung“ und somit Spielspaß ansehen.

„Heiler sind abhängig von ihren Mitspielern“:
LARP lebt von der Interaktion, dem Miteinander der Spieler. Allerdings kann man unter Umständen einschränken, welche Charaktere wie sehr auf diese Zusammenarbeit angewiesen sind. Bei einer solchen Betrachtung schneiden Heiler leider eher schlecht ab. Kämpfer sind durchaus auch ohne Feinde in der Lage, ihre speziellen Fähigkeiten wirkungsvoll anzuwenden – und wenn es nur die bekannten Trainingskämpfe vor der Taverne sind, oder eine Kata zum Bestaunen. Auch Magier und Alchemisten haben es in der Regel etwas leichter als Heiler, denn sie können z.B. ein Ritual durchführen oder Tränke brauen, bei denen andere Spieler nicht aktiv durch Darstellung etwas beitragen müssen. Bei Heilern sieht die Sache allerdings ein wenig anders aus, denn ohne einen Patienten kann man sehr schlecht Heilkunde darstellen. Und auch wenn es dann einen Patienten gibt, kann man oft nur dann wirklich eine gute Figur machen, wenn der Patient aktiv mitspielt, wozu einige Spieler schlicht und einfach nicht bereit sind. Vor einem ähnlichen Problem stehen aber auch viele andere Charakterklassen, wie z.B. Magier oder Bogenschützen, deren Treffer mit Feuerball oder Pfeil schlicht ignoriert werden, dieses Problem betrifft also längst nicht nur Heiler, wobei man mit etwas Wohlwollen Heilern durchaus zugestehen kann, dass sie von „schlechten Opfern“ vergleichsweise stark beeinträchtigt werden.



Zusammenfassung:
Heilern kann man (mit entsprechenden Einschränkungen) folgende Vor- und Nachteile zurechnen:

einsteigerfreundlich
user posted image vergleichsweise geringer Kostenaufwand (bes. für den Einstieg)
user posted image flexibel und fecettenreich
user posted image hohes „soziales Potential“
user posted image Möglichkeit für direktes Zusammenspiel mit anderen Charakteren
user posted image gute Langzeitmotivation
user posted image leichtes Ziel im Kampf (wenn allein)
user posted image laufende Kosten durch Verbrauchsmaterial
user posted image unter Umständen „undankbarer Job“
user posted image sehr auf die Mitspieler angewiesen

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